Fragmente

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Mutmaßen über Mittelmaß.

Hundreds und nichts Besonderes.

Was geschieht, wenn man das macht, was man musikalisch zurzeit eben so macht? Wenn man in seinem Feld wirklich talentiert ist, dieses Talent aber nur dafür einsetzt, Wege zu gehen, die andere schon gegangen sind? Mehrmals sogar. Wenn man ein klares musikalisches Erbe hat, dies aber durch Melodieführung und Lyrik so breitenwirksam macht, dass es in der Breite in Vergessenheit gerät? Wenn man sich durch Namen und Visualität des eigenen Produkts keinen Millimeter von dem hinfort traut, was die Masse zurzeit goutiert? Wenn man in Interviews Antworten gibt, die man in Interviews eben so liest? Wenn der Spannungsbogen eines Konzerts genau dem folgt, was man erwartet? Wenn das Live-Gebaren genau dem entspricht, woran man denkt, wenn man eine Show vor dem inneren Auge hat?

Dann ist man langweilig. Dann heißt man heute Abend Hundreds. Denn an der Schau der dem unsäglichen Begriff "Electropop" zugeordneten Hamburger Band ist rein faktisch wenig zu bekritteln. Die Songs des Trios, das irgendwie ständig als Duo bezeichnet wird, sind mal elektronischer und tanzbar. Mal zurückhaltend und balladesk. Doch stets technisch raffiniert und eingängig. Die Abwechslung der Setlist ist perfekt austariert. Sängerin Eva Milners Stimme trifft jeden gewünschten Ton. Der Sound Im Wizemann lässt wenig Wünsche offen. Das Bühnenbild wird mit stimmigen Visuals untermalt. Die Künstler sind eingespielt. Die Stimmung Im Wizemann ist gut. Jeder Schritt, jeder Ton, jede Handbewegung, jeder Blick und die jeweilige Wirkung auf das Publikum hochprofessionell. Toll. Bewundernswert. Auch Respekt einflößend. Aber zum Auswachsen einfallslos.

Sind Hundreds am Ende zu Deutsch für ihre durch und durch internationalisierte Musik? Ist ihr aus Label-Vorgaben und Erwartungen an die Karriere gesponnenes Korsett zu eng? Fehlt ihnen einfach mal ein heftiger Streit auf der Bühne? Eine ordentliche Ladung Koks vor dem Konzert? Ein Black Metal Song? Ein Musikvideo, das den Mord an einem kleinen Mädchen thematisiert? Ein T-Shirt, das einen Pfarrer zeigt, der ein Kreuz von hinten fickt? Mutmaßungen nehmen wir gerne unter wirlesendasvielleicht@fragmente-stuttgart.com an. Inzwischen verbleiben wir ungläubig über die Masse an Menschen, die diese Musik gutheißt. Vielleicht sind wir selbst ja die Ursache für unser Problem.

Eine photographische Rekonstruktion der Schau von Hundreds erreichen Sie per Klick. Im Übrigen sind wir der Meinung, Sie sollten mehr Human Abfall hören.