Mit OZEAN, der Debüt-EP von Voodoo Beach.
Kahle Wände. Ein leichter Zug. Tik. Wieder ein gelbes Blatt, das auf dem Küchenboden liegt. Die daneben waren es mal. Tak. Der Kühlschrank beschützt surrend seine letzten Schätze. Viertel vor. Seit Tagen. Tik. Draußen brennt irgendwo ein Licht. Ein Hund bellt. Tak. Im Waschbecken stapeln sich die klebrigen Reste ihrer Existenz. In ihrem Posteingang die der anderen. Tik. Ein milchiger Schleier liegt schwer auf dem einstigen Glanz der Armaturen. Tak. Sie kratzt sich, doch sie spürt es kaum. Ihr ist übel. Irgendwer trommelt an die Tür. Bist du da? Sie zuckt nicht einmal. Es zieht noch immer. Der Kaffee ist kalt. Da ist es wieder, das Rauschen. Wieder fällt ein Blatt. Diesmal direkt neben sie auf die nasse Bank. Bald wird die Linde nackt sein. Samt all ihrer trostlosen Nachbarn. Ein Meer aus knochigen Ästen, ein im Wind ächzender Reigen im Strom der Gezeiten. Aufgereiht markieren sie den Rand des Forstes, wo die morsche Bank steht. Ihre Bank. Mit dem Aufprall kam der Regen. Seither sitzt sie dort. Eisiges Wasser durchdringt ihre Kleider, tropft von ihren tauben Fingerspitzen. Bald wird es so weit sein. Bald wird sie bei ihm sein. Das Raunen der letzten Blätter nimmt sie kaum mehr wahr. Das Heulen des Windes streift lediglich ihr Unterbewusstsein. Ein Fluss strömt über ihre blauen Lippen. Ach würde er nur salzig schmecken. Über ihrem Scheitel toben die Elemente. Darunter ist es still. Das Rauschen wird lauter. Glut steigt in ihr auf. Ihr Atem stockt. Dann ist alles schwarz.
Tik. Viertel vor. Bewegungslos sitzt sie über ihre Kaffeetasse gebeugt. Es zieht immer noch. Tak. Ein Blatt gleitet zu Boden und streift ihren Blick. Tik. Mit ihren Fingerspitzen dreht sie es um. Dieses Gekrakel. Nur sie vermochte sie zu entziffern – seine Schrift. Ein Tropfen. Tak. Salzig.
Die Grenzen der Wirklichkeit verschwimmen. Wie eine Mischung aus Tränen und Regen. Die Gruppe Voodoo Beach aus Berlin treiben uns auf ihrem Debüt „OZEAN“ in die Tiefen des Seins, in die Flut dunkler Gedanken und Erinnerungen, in die Permanenz diffuser Gefühle. In den berauschenden Sog ihrer psychedelischen Rockmusik. Mit waberndem Bass pumpt Jon van Mono serotoninarmes Blut durch unsere Venen. Ignacy Stans bedrückende Riffs wickeln sich enger und enger um unser Empfinden und tauchen uns immer tiefer in bittersüße Resignation. Josephine O peitscht uns mit knochigen Drums die Tränen in die Augen. So lange, bis die Wirklichkeit verschwimmt. Dort im Rauschen stimmen wir ein in Verita Vis hypnotische Mantras, die uns bis in den Schlaf verfolgen werden. Unangenehm, könnte man meinen. Aufwühlend, könnte man annehmen. Anstrengend, könnte man denken. Hypnotisiert werden Sie sein von diesen 22 Minuten im Nebel der Gezeiten.
“OZEAN” von Voodoo Beach ist am 26. Oktober auf Kassette und digital bei Späti Palace/Morr Music erschienen. Die EP wurde im Winter 2017/2018 mit Mischkah Wilke im Kozmic Sound Studio Berlin analog auf Band aufgenommen und gemischt. Das Mastering übernahm Arne Ziemann. Wir empfehlen Ihnen wie immer den legalen Erwerb. Der direkteste Weg führt Sie in den Label-Shop. Im Übrigen sind wir der Meinung, Sie sollten mehr lesen.